25.2.13

Was uns Kinder wert sind


"Kein Platz für Kinder - was wird aus dem Kita-Versprechen?" fragte Günther Jauch am Sonntagabend (24.2.13) in der ARD seine Talkshow-Gäste. Das Ganze impliziert allerdings eine problematische Gleichung: Keine Kindertagesstätte = kein Platz für Kinder. Ist das wirklich so, oder offenbart nicht vielmehr das hektische Bemühen um Kitas, dass der Platz für Kinder in unserer Gesellschaft schwindet. Ist nicht das termingerechte Wegorganisieren mit Rechtsanspruch viel aufschlussreicher für die aktuelle Situation, als der Fakt, dass aller Wahrscheinlichkeit nach nicht genügend Plätze am Stichtag zur Verfügung stehen.

Alles auf einen Streich: Ruckzuck ist die Kita fertig
Angesichts dieses Versorgungsengpasses - der Politik?, der Eltern?, der Kinder? - werden nun eilends Kitas aus dem Boden gestampft, um das gesetzliche Soll zu erfüllen. Was aber dabei herauskommt, wenn ohne Qualitätsprüfung Massenware produziert wird, zeigen Pferdefleisch- und Bio-Ei-Skandale zur Genüge: Wir wissen nicht, was wir eigentlich essen und bald auch nicht mehr, wo unsere Kinder eigentlich leben (zumindest 8 Stunden am Tag). Und wer in dieser Zeit die Elternrolle einnimmt, scheint auch noch ungeklärt, da die Zeit für eine fachgerechte Ausbildung der fehlenden Erzieher allem Anschein ebenfalls fehlt.

Offensichtlich ist die Kindheit nichts mehr wert, zumindest der Gesellschaft nicht, wenn jede x-beliebige Arbeit Mutter und Vater mehr Wertschätzung eintragen als Konsum- und Verdienstverzicht zum Wohle der Kinder. Bei solcher Verknappung der Ressourcen, gilt es ja schon als verantwortungsvoll, wenn Eltern das ersten Lebensjahr bei ihrem Nachwuchs bleiben. Wer so argumentiert hat schon im Blick, dass das zweite Jahr woanders verbracht wird. Auf die Plätze, fertig, los: Hin zum Minimalkonsenz, dass wenigstens bei der Geburt  Mutter oder Vater dabei sein sollten, damit das Kind nicht irgendwann in der Kita davon erfährt, wie es zur Welt kam.

1 Kommentar:

  1. Anonym16:42

    Lieber Herr Wiseman, bei Ihrer Darstellung kommen die Eltern zu schlecht weg. Ich denke, dass die Lebenswirklichkeit von Familien doch eine andere ist, dass die meisten Eltern eine verantwortungsvolle Position in der Frage der Kinderbetreuung beziehen und keineswegs nur konsumgesteuerte Marionetten der Wirtschaft sind.
    Man sollte fairerweise anerkennen, dass früher vor allem Frauen vor die Wahl gestellt waren, sich zwischen einem Familienleben und einer Selbstverwirklichung im Beruf zu entscheiden. Wenn Mütter heute arbeiten, dann doch nicht, damit sich die Familie einen größeren Flachbildschirm leisten kann, sondern, weil sie als gut ausgebildete, gleichberechtigte Partner in einer Ehe oder eheähnlichen Beziehung, zumindest in Teilzeit einer anspruchsvollen Tätigkeit nachgehen möchten.
    Viele Familien sind dabei bereit, das damit erwirtschaftete Einkommen komplett für die Kinderbetreuung aufzuwenden, was somit Konsumgier als Motiv ausschließt. Diesen Zeitgeist kann man natürlich hinterfragen, dem Zeitgeist vorangegangener Generationen ist er jedenfalls moralisch nicht unterlegen.
    Ging früher die Frage der Kinderbetreuung zu Lasten der Frauen, findet jetzt eine Auseinandersetzung statt, worin genau diese Leistung besteht, was sie kostet und wer dafür aufkommen soll. Und natürlich darf dies letztlich nicht zu Lasten der Kinder gehen.

    Die Politik versucht die Frage der Kinderbetreuung, wie jedes andere Problem letztlich durch finanzielle Zuwendungen zu beseitigen. In monetären Kategorien lässt sich dieses Problem aber nicht lösen. Wann werden wir als Gesellschaft endlich umdenken? „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“ (Einstein)

    Sie werfen die Frage auf, was der Gesellschaft die Kindheit noch wert ist.
    Ich denke die Gesellschaft steht vor einem noch viel größeren Werteproblem.
    Denn Anspruchsdenken macht sich in allen Bereichen der Gesellschaft breit und das ist nicht verwunderlich. Eine Gesellschaft, die das Geld als obersten Wert und Maßstab aller Dinge betrachtet, handelt nur konsequent, wenn sie sich dem Effizienzgedanken unterwirft. Daraus entsteht eine Haltung, die am Ende dazu führt, dass der Einzelne nur noch das tut, was er am besten kann und womit er am meisten Geld verdient. Alle anderen Handlungen sind dann sinnloser Zeitvertreib.
    Gesellschaft funktioniert so aber nicht. Wenn jede Übernahme von Verantwortung, jede Fürsorge und Hilfestellung als Dienstleistung vergütet werden muss, dann werden wir sehr schnell feststellen, dass wir uns UNS als Gesellschaft nicht mehr leisten können. Zum Schluss hätte jeder Anspruch auf alles, aber wer außer die Gesellschaft könnte diese Ansprüche dann noch gewähren? Hier fehlt wie so oft die Balance zwischen der Wahrnehmung von Rechten und der Erfüllung von Pflichten.
    David K.

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